Zur Übersicht

Mobile.de: Konkludente Beschaffenheitsvereinbarung möglich

OLG Hamm, Urt. v. 2107.2016, Az.: I-28 U 2/16

Tatbestand:

Die beklagte BMW-Vertragshändlerin bot im Januar 2015 das streitgegenständliche Fahrzeug über die Internetplattform mobile.de zum Verkauf an.

Der Kläger behauptet, dass in der Fahrzeugbeschreibung das Ausstattungsmerkmal „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“ umfasst gewesen sei. Dieses Merkmal sei für den Kläger für die spätere Fahrzeugnutzung wichtig gewesen.

Nach einem Telefongespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten wurde dem Kläger das Bestellformular für den streitgegenständlichen zugesendet. In dem Bestellformular war der Zusatz „Irrtümer und Zwischenverkauf vorbehalten“ enthalten Das Bestellformular beinhaltete diverse Ausstattungsdetails, es enthielt jedoch nicht die Ausstattung „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“.

Der Kläger unterzeichnete das Bestellformular und überwies den Kaufpreis an die Beklagte. Im März wurde das Fahrzeug übergeben.

Der Kläger rügte die fehlende Freisprecheinrichtung und legte der Beklagten das Internetinserat vor, in welchem die Beklagte das Fahrzeug zum Verkauf angeboten hatte.

Die Beklagte bestreitet, dass es sich bei dem vorgelegten Internetinserat um das streitgegenständliche Angebot handele.

Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Entscheidung:

Der Rücktritt vom Kaufvertrag ist wirksam. Der Kläger kann Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Fahrzeugrückgabe und -übereignung verlangen, §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 S. 1, 433 Abs. 1 S. 2 BGB.

Dem Kläger stand ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, da das gekaufte Fahrzeug mangelhaft ist. Die Mangelhaftigkeit beruht darauf, dass der BMW keine Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle aufweist, obwohl dies i. S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB als Sollbeschaffenheit vereinbart wurde.

Die Beschaffenheitsvereinbarung beruht auf der Fahrzeugbeschreibung, die die Beklagte im Internet unter www.mobile.de freigeschaltet hatte. Dieser Internetannonce fehlte zwar als bloßer invitatio ad offerendum der Rechtscharakter einer Willenserklärung. Entgegen der Einschätzung der Beklagten kommt aber entsprechenden Angaben im Internet zumindest im Bereich des Kfz-Handels in dem Sinne eine Verbindlichkeit zu, als dass durch sie die Sollbeschaffenheit des Fahrzeugs festgelegt wird. Aus Sicht eines Kaufinteressenten werden solche Vorfeldangaben deshalb Grundlage einer konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB.

Die durch das Internetinserat auf mobile.de erzeugte Erwartungshaltung, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer Freisprecheinrichtung ausgestattet sein würde, wurde auch nicht durch den Zusatz „Irrtümer vorbehalten“ außer Kraft gesetzt. Denn ein Kaufinteressent erwarte bei einer solchen Klausel nicht, dass er die Fehlerhaftigkeit sämtlicher vorstehender Detailangaben zu dem Fahrzeug hinnehmen müsse. Sondern er gehe davon aus, dass es bis zum Abschluss des Vertrages eine Richtigstellung etwaiger Irrtümer erfolgen werde. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

Zudem werde die positive Beschaffenheitsvereinbarung „Freisprecheinrichtung mit USB Schnittstelle“ nicht dadurch widerrufen, dass dieses Ausstattungsmerkmal nicht mehr im Bestellformular erwähnt wurde, welches die Beklagte dem Kläger zur Unterschrift übersandt hat.

Wenn ein gewerblicher Kfz-Händler im Vorfeld des Vertragsschlusses konkrete Angaben zur Beschaffenheit des angebotenen Fahrzeugs mache, könne er sich davon nur distanzieren, wenn er gegenüber dem Kaufinteressenten vor dem Vertragsschluss eine eindeutige Klarstellung vornehme, dass ein entsprechendes Beschaffenheitsmerkmal eben doch nicht oder nur in anderer Form vorhanden sei.

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine im Internet veröffentlichte Vorfeldangabe zur Scheckheftpflege oder zum Bestehen einer Herstellergarantie nicht dadurch hinfällig werde, dass diese Beschaffenheit in einem späteren schriftlichen Vertrag keine Erwähnung mehr finde.

Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass dem Kläger ein Fehlen der Freisprecheinrichtung bei Übergabe des Fahrzeuges hätte auffallen müssen.

Der Kläger muss sich auf den Kaufpreis jedoch ein Abzug für die Nutzungsentschädigung hinsichtlich der inzwischen gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.